Ein Blick auf U-19-Akteur Marcel Zajusch, welcher zuletzt mit den Profis trainiert und zudem die U23 begleitet hat.

Auf der fußballerischen Überholspur

NLZ

Eben hat Marcel Zajusch seine Geschichtsklausur abgegeben. Auf dem Weg zur Deutschstunde erfährt der Elftklässler, dass die kurzfristige Freistellung von den letzten Unterrichtsstunden genehmigt ist. Eine Freistellung, um welche ihn viele Gleichaltrige beneiden würden, wenn sie es denn wüssten. Aber selbst die sonst gut informierten Klassenkameraden staunen nicht schlecht, als Marcel ihnen zuruft, dass er zur „Ersten“ muss. Insider wissen natürlich, was gemeint ist – für alle anderen: Der 17-Jährige darf am Training der Profis des 1. FC Magdeburg teilnehmen. Die heutige Einheit beginnt 12.45 Uhr, das heißt für Marcel bis dahin also noch den Deutschaufsatz schreiben, die Tasche schultern und einige Snacks auf dem Weg zum Trainingsplatz verdrücken, um pünktlich zu sein.

Nicht zum ersten Mal erhält der gelernte Linksverteidiger die Möglichkeit, seine fußballerischen Fähigkeiten unter der Leitung von Cheftrainer Christian Titz weiterzuentwickeln. „Unverhofft kommt oft“, so heißt wohl ein Sprichwort. Wer aber die Entwicklung des talentierten Kickers genau verfolgt, weiß, „dass irgendwann dieser eine Anruf kommt.“ „Direkt nach einem anstrengenden Sieg gegen den Halleschen FC hat mich unser U-19-Trainer noch auf dem Platz zu sich gerufen und mir mitgeteilt, dass ich die komplette Woche bei den Profis trainieren werde und beim Testspiel gegen Union Berlin im Kader bin“, beschreibt Marcel diesen besonderen Moment. Zuvor stand er im Februar bereits bei einem Testspiel gegen Eintracht Braunschweig im Profikader.


Er sei im Team sofort akzeptiert worden, so der 17-Jährige. „Bei Fragen haben sich die Spieler um mich gekümmert und mir auch geholfen, besonders Kapitän Amara Condé. Wenn ich auf dem Platz etwas zu verbessern hatte, wurden mir sofort nützliche Hinweise gegeben.“ Ein Feedback vom Trainerteam gab es bisher noch nicht. „Das habe ich aber auch gar nicht erwartet“, resümiert Marcel Zajusch. Mittlerweile ist er schon die dritte Woche „oben dabei“. Am Wochenende gehört sein Fokus jedoch ganz seinem eigentlichen Team – den A-Junioren des 1. FC Magdeburg. Dort ist er als Stammspieler gesetzt und bei den U-19-Regionalliga-Spielen nicht wegzudenken.

Die Doppelbelastung Schule / Sport stellt eine weitere Herausforderung für Marcel dar. „Ich trainiere inzwischen siebenmal pro Woche. Zudem lerne ich im ersten Jahr der gymnasialen Oberstufe am Magdeburger Sportgymnasium. „Ohne einen streng getakteten Tagesablauf würde ich die Anforderungen überhaupt nicht schaffen.“ Um sich den Arbeitstag im Leistungssport vorzustellen: 7 Uhr Schulbeginn, dreimal auch Vormittagstraining, wieder Schule, Mittagessen, 14.45 Uhr Schulschluss, Training am Nachmittag, Hausaufgaben und Lernzeit. Oft ist erst nach 22.00 Uhr die Schreibtischlampe erloschen. „Man gewöhnt sich an diese Art Belastung; ich kenne es eigentlich gar nicht anders.“

Seit seinem siebten Lebensjahr jagt Marcel dem runden Leder hinterher, zuerst bei seinem Heimatverein TuS Wettbergen, dann in der U13 von Hannover 96. Nach drei erfolgreichen Jahren wechselte Marcel in die U16 von RB Leipzig. Seit dem letzten Sommer ist Marcel nun ein „Magdeburger Junge“, der hier n der Elbe richtig aufblüht. „Nach sechs schweren Monaten Verletzungspause wollte ich an meine bisherigen Leistungen anknüpfen, und diese Möglichkeit sah ich am ehesten beim 1.FC Magdeburg. Auch das System, das hier gespielt wird, kommt mir entgegen. Mir gefällt, dass auf Ballbesitz gesetzt wird und auch eine Spieleröffnung ohne lange Bälle praktiziert wird.“ Die angesprochene dominante Ballkontrolle kommt im Übrigen auch im Nachwuchsbereich immer mehr zum Tragen.


Marcel hat sich längst an ein selbständiges Leben gewöhnt. „Seit der U16 klappt das auch ohne elterliches Nest; ich habe somit eine große Selbstverantwortung. Die größte Veränderung war für mich der Wechsel von Hannover nach Leipzig.“ Die eigene kleine Wohnung unweit des Schul-/Sportkomplexes an der Magdeburger Friedrich-Ebert-Straße ist der Anker, den Marcel für eine optimale Wochengestaltung braucht. Und wenn dann noch „eins gegen eins trainiert wird, egal, ob defensiv oder offensiv“, ist die Fußballwelt mehr als in Ordnung. Marcel klärt mich auf: „Im Spiel muss ich als linker Außenverteidiger viele dieser Duelle bestreiten. Ich benötige in der Defensive ein kompaktes Zweikampfverhalten und in der Offensive ein überzeugendes Tempodribbling.“

Marcel hat nun wirklich keine Zeit mehr und läuft zum Schulausgang.

Nur noch ganz schnell:

Wettkampf oder Training? - Wettkampf

Kaffee oder Tee? - Tee

Salat oder Burger? - Burger

Online shoppen oder im Laden einkaufen? – Online shoppen

Kalt oder warm duschen? - Warm

Film oder Serie? - Serie

Nur die Frage nach den verschiedenen Mannschaften stelle ich (noch) nicht; denn beide Optionen sind für Marcels weitere Entwicklung immens wichtig.

Text: FCM / Almuth Steinhoff
Fotos: FCM / Norman Seidler